Dieses Info-Toolkit behandelt Fragen zu Sozialversicherung, Steuern, Arbeitsrecht und Einwanderung hinsichtlich Telearbeit innerhalb der Europäischen Union („EU"), wobei der Arbeitgeber in einem EU-Mitgliedstaat registriert ist, das Arbeitsverhältnis jedoch durch den Arbeitnehmer mithilfe von Informationstechnik in einem anderen EU-Mitgliedstaat erfüllt wird.
Gemäß Eurofound gilt Folgendes: „Bei Telearbeit handelt es sich um eine Arbeitsvereinbarung, bei welcher Arbeit mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) außerhalb eines standardmäßigen Arbeitsplatzes – üblicherweise der Räumlichkeiten des Arbeitgebers – geleistet wird. Die charakteristischen Eigenschaften der Telearbeit sind der Einsatz von Computern und Telekommunikation, um den üblichen Arbeitsort zu wechseln, die Häufigkeit, mit der der Arbeitnehmer außerhalb der Räumlichkeiten des Arbeitgebers arbeitet, sowie die Anzahl der Orte, an denen Arbeitnehmer aus der Ferne arbeiten können (Mobilität).“[1]
Dieses Info-Toolkit behandelt Fragen zu Arbeitnehmern, deren Arbeitgeber in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union registriert ist, die aber von einem anderen Mitgliedstaat aus Telearbeit verrichten. Telearbeit von außerhalb der EU wird hier nicht behandelt.
Ein „entsandter“ Arbeitnehmer ist ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber entsendet wird, um vorübergehend einen Auftrag in einem anderen Mitgliedstaat zu erfüllen. Dies erfolgt im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags, einer Entsendung innerhalb einer Gruppe oder durch Überlassung durch ein Zeitarbeitsunternehmen.[2] Ein entsandter Arbeitnehmer ist kein Telearbeiter, da der Grund dafür, dass er nicht mehr länger in jenem Mitgliedstaat arbeiten kann, in dem sein Arbeitgeber seinen eingetragenen Firmensitz oder seinen Geschäftssitz hat, darin liegt, dass er zur Erfüllung eines bestimmten Projekts oder einer Aufgabe ins Ausland „entsendet“ wurde.
Im Unterschied zu einem entsandten Arbeitnehmer arbeitet ein Telearbeiter weiterhin vollständig für den Arbeitgeber, verrichtet die Arbeit jedoch aus der Ferne in einem anderen Mitgliedstaat als in jenem, in dem sein Arbeitgeber ansässig ist. Dies erfolgt üblicherweise aus persönlichen Gründen.
[1] Telearbeit | Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (europa.eu).
[2] Entsandte Arbeitnehmer – Beschäftigung, Soziale Angelegenheiten und Eingliederung – Europäische Kommission (europa.eu).
Im Allgemeinen gilt: Ein Arbeitnehmer, der in mehr als einem Mitgliedstaat arbeitet, aber einen „erheblichen Anteil“ seiner beruflichen Tätigkeiten in seinem Wohnsitzland durchführt, fällt unter das Sozialversicherungsgesetz des Wohnsitzlandes[1].
Als Anhaltspunkte für einen „erheblichen Anteil“ der Tätigkeit eines Arbeitnehmers gelten mindestens 25 % der Arbeitszeit und/oder des Einkommens über einen angemessenen Zeitraum.[2] Dieser Schwellenwirt ist im EU-Gesetz festgelegt und gilt in allen Mitgliedstaaten, wobei nicht alle Mitgliedstaaten diese Beurteilungen vollkommen einheitlich vornehmen. Insbesondere gilt:
Wenn etwa ein Arbeitnehmer „einen erheblichen Anteil“ (d. h. mindestens 25 %) seiner beruflichen Tätigkeit in dem Mitgliedstaat ausübt, in dem sich der Firmensitz oder der Geschäftssitz seines Arbeitgebers befindet, aber während der verbleibenden 75 % der Zeit auch in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten Telearbeit verrichtet, unterliegt der Arbeitnehmer weiterhin dem Sozialversicherungssystem des Mitgliedstaates seines Arbeitgebers.
Wenn ein Arbeitnehmer jedoch üblicherweise einen „erheblichen Anteil“ seiner Tätigkeit in dem Mitgliedstaat ausübt, in dem er seinen Wohnsitz hat, und nur gelegentlich in dem Mitgliedstaat, in dem sein Arbeitgeber ansässig ist, Telearbeit verrichtet, so unterliegt der Arbeitnehmer dem Sozialversicherungssystem des Wohnsitz-Mitgliedstaates.
Wenn eine Person beispielsweise in Spanien beschäftigt ist und weniger als 25 % der Zeit Telearbeit in Portugal verrichtet, unterliegt sie weiterhin der spanischen Sozialversicherung. Wenn jedoch 60 % der beruflichen Tätigkeiten des Arbeitnehmers in Portugal durchgeführt werden, gilt das portugiesische Sozialversicherungssystem.
[1] Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a, Verordnung (EG) Nr. 883/2004.
[2] Artikel 14 Absatz 8, Verordnung (EG) Nr. 987/2009. Die Beurteilung erfolgt prospektiv auf Grundlage der kommenden zwölf Monate (Verordnung (EG) Nr. 987/2009, Artikel 14 Absatz 10)
Nein, auf Grundlage der oben beschriebenen Regelungen kann für einen telearbeitenden Arbeitnehmer jeweils nur die Sozialversicherungsgesetzgebung eines Mitgliedstaates gelten. Ein Telearbeiter kann nicht in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten unter das Sozialversicherungsrecht fallen bzw. diesem unterliegen.
Das kommt darauf an. Für kürzere Zeiträume der Telearbeit ist eine A1-Bescheinigung nicht erforderlich und eine Europäische Krankenversicherungskarte („EHIC“) ist ausreichend. Wenn es jedoch regelmäßig zur Telearbeit kommt und sie einen erheblichen Anteil der Tage im Jahr einnimmt, muss der Arbeitgeber/Arbeitnehmer einen Antrag auf A1-Bescheinigung stellen.
Die Europäische Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um eine stärkere digitale Koordinierung der Sozialversicherung zu erleichtern.
Noch nicht. Mit der geplanten Einführung der europäischen digitalen Identität können wir allerdings mit digitalen Versionen von Dokumenten wie etwa der EHIC rechnen.
Wenn ein Telearbeiter mehr als 25 % seiner Zeit in einem anderen Mitgliedstaat als in jenem verbringt, in dem er beschäftigt ist, verändert sich die geltende Gesetzgebung bezüglich der Sozialversicherung zu jenem Land, in dem er diese Zeit verbringt.
Ja, wenn ein Arbeitnehmer einem ausländischen Sozialversicherungssystem unterliegt (d. h. der Gesetzgebung zur Sozialversicherung eines anderen Mitgliedstaates als dem, in dem der Arbeitgeber registriert/ansässig ist), ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich in diesem Mitgliedstaat zu registrieren und dort Sozialversicherungsbeiträge zu bezahlen.
Ja, seit Juli 2023 gibt es eine neue multilaterale Rahmenvereinbarung für die grenzüberschreitende Telearbeit („Rahmenvereinbarung“)[1]. Die Länder, die die Vereinbarung unterzeichnet haben, sind hier angeführt.[2] Die Rahmenvereinbarung umfasst die EWR-Mitgliedstaaten sowie die Schweiz.
[1] Rahmenvereinbarung über die Anwendung von Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bei gewöhnlicher grenzüberschreitender Telearbeit.
[2] Unterzeichnerstaaten mit Stand Februar 2024: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Kroatien, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien und Tschechische Republik.
Die Rahmenvereinbarung gilt für Arbeitnehmer in einer grenzüberschreitenden Situation, d. h. für jene, die für einen Arbeitgeber arbeiten, der in einem Mitgliedstaat ansässig ist, während sie selbst in einem anderen Mitgliedstaat leben und arbeiten, vorausgesetzt, dabei werden bestimmte Bedingungen erfüllt. Beide Mitgliedstaaten müssen die Rahmenvereinbarung unterzeichnet haben.
Die Rahmenvereinbarung ermöglicht es Telearbeitern, hinsichtlich der Sozialversicherung im Land ihres Arbeitgebers gemeldet zu werden, vorausgesetzt, sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer/Telearbeiter stimmen dem zu. Diese Option steht jenen Arbeitnehmern zur Verfügung, die mehr als 25 %, aber weniger als 50 % ihrer Arbeitszeit im Wohnsitz-Mitgliedstaat, aber den Großteil ihrer Arbeitszeit in jenem Mitgliedstaat verbringen, in dem der Arbeitgeber ansässig ist.
Im Wesentlichen legt die Rahmenvereinbarung eine Ausnahme von den allgemeinen Koordinationsregelungen fest, welche vorsehen, dass Telearbeiter (und deren Arbeitgeber) dem Sozialversicherungssystem im Wohnsitzland unterliegen, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer führt einen „erheblichen Anteil“ seiner beruflichen Tätigkeiten (d. h. zumindest 25 % der Arbeitszeit oder des Einkommens) in diesem Land durch, wie dies oben beschrieben ist. Diese Regelung ermöglicht es Telearbeitern, die Zeit, die im Wohnsitzland verbracht wird, zu erhöhen, ohne dass für den Arbeitgeber in einem anderen Mitgliedstaat Verpflichtungen zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in diesem Land entstehen.
Ein Telearbeiter kann nur dann in dem Mitgliedstaat Sozialversicherung erhalten, in dem sein Arbeitgeber ansässig ist, statt in seinem Wohnsitz-Mitgliedstaat, wie es die Rahmenvereinbarung vorsieht, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dabei gelten kumulativ folgende Bedingungen:
Beachten Sie, dass die Rahmenvereinbarung nur für „Telearbeiter“ zur Anwendung kommt: Arbeitnehmer müssen während der Durchführung ihrer Arbeit durch eine digitale Anbindung (IT-Verbindung) mit der Arbeitsumgebung des Arbeitgebers verbunden bleiben. Die Rahmenvereinbarung ist nicht auf Telearbeit zuhause beschränkt. Die Arbeit kann überall im Wohnsitzland durchgeführt werden, sofern eine digitale Verbindung verwendet wird.
Wenn die obengenannten Bedingungen erfüllt werden, muss der Arbeitgeber/Arbeitnehmer eine A1-Bescheinigung beantragen, welche als Nachweis darüber dient, dass die Sozialversicherungsgesetzgebung des Mitgliedstaates des Arbeitgebers zur Anwendung kommt. Ein Antrag auf A1-Bescheinigung ist in jenem Mitgliedstaat zu stellen, in dem der Arbeitgeber ansässig ist.
Ein Telearbeiter kann nur dann in dem Mitgliedstaat Sozialversicherung erhalten, in dem sein Arbeitgeber ansässig ist, statt in seinem Wohnsitz-Mitgliedstaat, wie es die Rahmenvereinbarung vorsieht, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dabei gelten kumulativ folgende Bedingungen:
Beachten Sie, dass die Rahmenvereinbarung nur für „Telearbeiter“ zur Anwendung kommt: Arbeitnehmer müssen während der Durchführung ihrer Arbeit durch eine digitale Anbindung (IT-Verbindung) mit der Arbeitsumgebung des Arbeitgebers verbunden bleiben. Die Rahmenvereinbarung ist nicht auf Telearbeit zuhause beschränkt. Die Arbeit kann überall im Wohnsitzland durchgeführt werden, sofern eine digitale Verbindung verwendet wird.
Wenn die obengenannten Bedingungen erfüllt werden, muss der Arbeitgeber/Arbeitnehmer eine A1-Bescheinigung beantragen, welche als Nachweis darüber dient, dass die Sozialversicherungsgesetzgebung des Mitgliedstaates des Arbeitgebers zur Anwendung kommt. Ein Antrag auf A1-Bescheinigung ist in jenem Mitgliedstaat zu stellen, in dem der Arbeitgeber ansässig ist.
Die Rahmenvereinbarung ist seit dem 1. Juli 2023 in Kraft. Anträge auf eine A1-Bescheinigung, die vor dem 1. Juli 2024 eingereicht werden, können nur bis 1. Juli 2023 (oder bis zum Datum, an dem der unterzeichnende Mitgliedstaat die Rahmenvereinbarung unterzeichnete, sofern dies nach dem 1. Juli 2023 erfolgte) rückwirkend sein, vorausgesetzt, die Sozialversicherungsbeiträge wurden in dem Mitgliedstaat bezahlt, in dem der Arbeitgeber ansässig ist. Nach dieser Übergangszeit (bis zum 1. Juli 2024) kann ein Antrag auf A1-Bescheinigung nur noch bis zu drei Monate rückwirkend gestellt werden.
Die Einkommensteuer ist nicht auf EU-Ebene reguliert. Die Regelungen zur Einkommensteuer, die für grenzüberschreitende Arbeitnehmer (d. h. Telearbeiter oder entsandte Arbeitnehmer) gelten, sind in bilateralen Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten enthalten.
Einige Staaten sehen eine Berichtspflicht zur Einkommensteuer vor, auch wenn keine Steuern zu entrichten sind. Jedes bilaterale Abkommen sieht spezifische Informationen darüber vor, worüber Bericht zu erstatten ist. Im Allgemeinen ist das weltweite Einkommen eines Telearbeiters (einschließlich Einkommen, das in anderen Staaten als dem Wohnsitzstaat erhalten wird) zu melden.
Nicht unbedingt, denn in einem solchen Fall sind das Wohnsitzland und das Land, in dem die Arbeit verrichtet wird, identisch.
Für Telearbeiter gelten die Arbeitsgesetze des Mitgliedstaates, in dem der Arbeitgeber ansässig ist. Im Allgemeinen wird im Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestätigt, dass dies der Fall ist.
Nein, Telearbeiter können nur jeweils dem Arbeitsrecht eines Mitgliedstaates unterliegen.
Nein, eine Meldung entsandter Arbeitnehmer ist nur dann erforderlich, wenn ein Arbeitnehmer wie oben beschrieben durch den Arbeitgeber für einen bestimmten Auftrag ins Ausland entsendet wird.
Nach drei Monaten des Aufenthalts in einem anderen Mitgliedstaat ist es in den meisten Mitgliedstaaten für Einzelpersonen verpflichtend, sich bei den lokalen Behörden anzumelden. Weitere Informationen je nach Land sind hier zu finden.
Ja. In einem solchen Fall muss sich der Familienangehörige, der nicht aus der EU stammt (d. h. der Telearbeiter) im Gast-Mitgliedstaat anmelden, um eine Aufenthaltskarte als Familienangehöriger eines EU-Bürgers zu erhalten, der ebenfalls dort ansässig ist. Für einen Familienangehörigen, der nicht aus der EU kommt, ist eine Anmeldung seines über dreimonatigen Aufenthalts verpflichtend.
Familienangehörige von EU-Bürgern, die nicht aus der EU kommen, genießen die gleichen Rechte wie EU-Bürger, wenn sie mit dem EU-Bürger in demselben Mitgliedstaat wohnen. Praktisch bedeutet diese Regelung, dass Familienangehörige von EU-Bürgern, die nicht aus der EU kommen, nicht den Formalitäten einer Arbeitserlaubnis unterliegen, wenn sie sich in demselben Mitgliedstaat aufhalten wie ihr Familienangehöriger, der EU-Bürger ist.
Wenn ein Familienangehöriger, der nicht aus der EU kommt, jedoch beschließt, eigenständig in einem anderen Mitgliedstaat Telearbeit zu verrichten (d. h. nicht in Begleitung seines Familienangehörigen, der EU-Bürger ist), ist sein Aufenthaltsrecht nicht mehr länger mit seinem Status als Familienangehöriger eines EU-Bürgers verbunden. In diesem Fall lautet die Antwort auf die Frage oben „nein“: Wenn ein Familienangehöriger eines EU-Bürgers, der nicht aus der EU stammt, länger als drei Monate in einem anderen Mitgliedstaat Telearbeit verrichtet, ohne von einem Familienangehörigen, der EU-Bürger ist, begleitet zu werden, muss er eine Arbeits-/Aufenthaltserlaubnis im Gast-Mitgliedstaat beantragen.